RED.3 Batteriesystem mit Zellen des Standards 21700
Das neue Batteriesystem wird mit Zellen des 21700 Standards aus der Automobilindustrie ausgerüstet. 14 Zellen in der Standardversion, bzw. 18 Zellen für die Ausführung mit erhöhter Kapazität, bilden dabei einen Batterieblock. 36 dieser Batterieblöcke sind in Antares Flugzeugen zusammenhängend jeweils in einer Tragfläche untergebracht und stellen einen Batteriestrang dar.
Leistungen, Varianten und Umrüstung
Das Batteriesystem ANTARES.RED.3 wird in den Varianten S-tandard und L-arge angeboten. Die S Variante kann in ältere Antares Flugzeuge nachgerüstet werden und ermöglicht 4.200 m Steighöhe bzw. 280 km Reichweite im Sägezahnflug. Die Batteriestränge können durch große Öffnungen in der Wurzelrippe leicht nachgerüstet werden.
Die Variante L soll bevorzugt in Neuflugzeugen umgesetzt werden, da hier vier Einzelzellen mehr pro Batterieblock verbaut sind und sich somit die Abmessungen verändern. Das zusätzliche Gewicht beträgt 11kg pro Batteriestrang. Die insgesamt 22 kg erhöhte Masse ist für die Antares unkritisch und ein geringer Preis für die dann mögliche Steighöhe von 5600 m oder 380 km Strecke im Sägezahnstil nach Eigenstart.
Zulassung, Sicherheit und Zuverlässigkeit
Seit dem Beginn unserer Entwicklungstätigkeit im Bereich elektrischer Antriebe vor 25 Jahren steht das Thema Sicherheit und Zuverlässigkeit im Zentrum. Die Entwicklung und die Zulassung des Antriebsystems erfolgten nach anerkannten Normen (ED-79, DO-178C und DO-254 mit Design Assurance Levels (DAL) C) zur Entwicklung sicherheitskritischer Hard- und Software.
Die Zuverlässigkeit unserer Entwicklungen zeigt sich zudem in 160.000 störungsfreien Flugstunden der Antares Flotte.
Batteriestrang in der Tragfläche
Der Batteriestrang wird in einem Schienensystem, das in der Tragflächenstruktur verklebt ist, geführt. Die einzelnen Module sind gelenkig miteinander verbunden, sodass eine Durchbiegung der Tragfläche nicht den Modulen aufgeprägt wird. Der gesamte Batteriestrang ist nur an der Wurzelrippe fest verbunden. Das freie äußere Ende kann sich bei Durchbiegung der Tragfläche in der Führungsschiene bewegen.
Thermische und elektrische Überwachung der Batteriezellen
Für Lade- und Entladevorgänge der Antriebsbatterie sind bestimmte Temperaturbereiche einzuhalten. Dadurch wird sichergestellt, dass die angegebene Energiemenge aufgenommen werden kann und eine maximale Energieentnahme möglich ist.
Die Temperatur wird an jeder einzelnen Zelle gemessen und am eigens entwickelten Steuerungssystem ECDS 4 angezeigt und überwacht. Bei Unterschreitung der empfohlenen Lade bzw. Entladetemperatur wird automatisch die integrierte Batterieheizung zugeschaltet. Bei Überschreitung kann über Lüftungsklappen Wärme abgeführt werden.
Die Einzelzellüberwachung ist Teil des „Protect Ahead“ Sicherheitskonzeptes, wodurch ein thermisches Fehlverhalten früh erkannt werden kann. Im Falle eines „Thermal Runaway“ können die entstehenden heißen Gase aus den Lüftungsklappen austreten und beschädigen das Flugzeug nicht. Der Austausch einzelner defekter Batterieblöcke ist möglich.
Durch unvermeidbare Toleranzen im Fertigungsprozess der Zellen kann es zu einer ungleichen Entladung kommen. Dadurch entstehen Differenzen in den Einzelzellspannungen. Um die volle Leistungsfähigkeit der Antriebsbatterie dauerhaft nutzen zu können, müssen diese Spannungsdifferenzen ausgeglichen werden. Deshalb wird auch die Spannung jeder Einzelzelle gemessen und überwacht. Das Steuerungssystem wird über die Zellenspannungen informiert und kann automatisch einen Balancierungsprozess durchführen. Lade-, Entlade- und Balancierprogramme können über ein GSM Modul gesteuert werden.
Spannungslage
Die einzelne Zelle sollte nicht unter einen Spannungswert von 3V entladen werden, um erhöhte Alterung und Beschädigung der Zelle zu vermeiden. Die Obergrenze für eine geladene Zelle ist bei 4,2 Volt anzusetzen. Daraus ergibt sich der Spannungsbereich für den normalen Betrieb von 216 Volt bis 302 Volt. In Notfällen kann der Pilot natürlich entscheiden das Batteriesystem über die hier genannten Grenzen hinaus zu entladen.
Informationen über den Zustand des Batteriesystems werden auf einem großen Vollfarbdisplay angezeigt. Warnungen werden zusätzlich als Audiosprachansage mitgeteilt. Ausschlaggebend hierfür ist die Spannung der Einzelzelle. Unterschiede in den Einzelzellspannungen entstehen durch Fertigungstoleranzen und können die nutzbare Kapazität des Batteriesystems erheblich mindern. Daher verfügt das Antares Batteriesystem über ein elektronisches System, das automatisch die Zellspannungen der Einzelzellen angleicht. Dieser Vorgang wird „Balancieren“ genannt. Der Spannungsunterschied wird durch die Balancierung auf maximal 20 Millivolt begrenzt und ermöglicht dadurch die dauerhafte Nutzung der vollen Batteriekapazität.
Batterieheizung
Die Leistungsfähigkeit der Gesamtbatterie ist von der Batterietemperatur abhängig. Der normale Temperaturbereich, bei dem die Batterie ihre volle Energie zur Verfügung stellen kann, liegt bei 20 -30 °C. Sinkt die Temperatur, so sinkt auch die Energieabgabefähigkeit. Bei der Ladung der Batterie ist die eingespeicherte Energie ebenfalls von der Batterietemperatur abhängig. Wird bei einer Temperatur unterhalb von 20°C geladen kann nicht die volle Kapazität der Batterie genutzt werden.
Aus diesem Grund ist jedes Batteriemodul mit einer Heizung ausgestattet. Vor dem Start und vor jedem Ladevorgang kann die Batterie damit vollautomatisch bis in den optimalen Temperaturbereich beheizt werden. Während dem Flug sorgt das Batteriemanagementsystem dafür, dass die Batterie im optimalen Temperaturbereich bleibt.
Lebenserwartung
Die Einflussfaktoren für die Lebensdauer einer Batterie sind die Zyklenzahl und die kalendarische Alterung. Durch geeignete Wahl der Zellchemie und Auslegung der gesamten Batterie, sowie dem Betrieb und der Lagerung in bestimmten Temperatur- und Spannungsbereichen kann eine sehr hohe Lebenserwartung der Batterie realisiert werden.
Nach unserer langjährigen Erfahrung mit der bisher verwendeten Zelle des Herstellers SAFT wird die Lebensdauer des Batteriesystems der Antares aufgrund der Dimensionierung nicht durch die Zyklenzahl begrenzt, sondern durch die kalendarische Alterung der Zelle. Nach 20 Jahren hat diese Batterie immer noch eine Kapazität von 80% des ursprünglichen Wertes, sollte aber aus Sicherheitsgründen erneuert werden.
Für das neue Batteriesystem kommen Zellen des Formats 21700 in den Einsatz. Auch bei der ausgewählten Batteriezelle ist, selbst für eine intensive Nutzung nicht die Zyklenzahl, sondern die rein zeitliche Alterung die relevante Größe.
Zukünftige Entwicklung
Ein Vorteil dieser Batteriezelle ist, dass sie ein gängiges Industrieformat für hochqualitative Anwendungen ist und unter anderem in der Automobilindustrie eingesetzt wird. Es ist daher mit einer ständigen Weiterentwicklung des Batteriezellenformats 21700 zu rechnen und ein Generationenwechsel alle drei Jahre zu erwarten.
Durch Upgrades des Antares.RED Batteriesystems mit kommenden Zellengenerationen werden die Leistungsreserven der Antares ausgebaut. Der Maßstab für Innovation ist bei Antares Flugzeugen die Zunahme der gravimetrischen Energiedichte (siehe Grafik). Diese beschreibt, wieviel Energie pro Gewicht in einer Batterie gespeichert werden kann. Je höher der Wert ist, desto mehr Energie kann bei gleichbleibender Batteriemasse eingespeichert und bei gleichen Batteriezellen-Abmessungen in Antares-Flugzeuge verbaut werden. Daraus lässt sich ableiten, dass eine Antares mit modernen RED-Batteriesystemen zukünftig immer höher steigen können wird. Heute werden mit Antares.RED.3 in der L-Variante bereits 5.600m erreicht. Folgt man dem Entwicklungstrend, sind in 2030 Steighöhen bis 6.700m realisierbar.
Durch große Stückzahlen kann die Batteriezelle in sehr hoher Qualität zu angemessenen Preisen beschafft werden. Da sich durch den verschleißfreien Elektromotor keine Wertminderungen ergeben, werden auch in Zukunft optimale Wiederverkaufswerte zu erzielen sein. Dadurch lässt sich eine hohe Investitionssicherheit begründen. Verbrennungsmotoren werden in naher Zukunft im Segelflug keine Rolle mehr spielen.
Gravimetrische Energiedichte