Ich fliege meine LS 6 seit nunmehr 21 Jahren und liebe sie, wie einen alten Freund. Nun, da ich keine Ambitionen mehr auf der Jagd nach einem Weltmeistertitel hege, kommt für mich ein neuer 15 m-Segler nicht mehr in Frage. Die Leistungen selbst der aktuellsten Modelle sind nur so geringfügig besser als die meiner LS 6, dass sie in meinen Augen weder die Kosten noch den Aufwand rechtfertigen. Ein 18 m-Segelflugzeug bietet demgegenüber einen deutlichen Leistungsgewinn und üblicherweise die Möglichkeit der Turbo-Ausrüstung. Ich brauche kein eigenstartfähiges Flugzeug und vermeide sehr gerne das damit einhergehenden Mehr an Kosten, Komplexität, Gewicht und bürokratischem Aufwand. Andere aktuell verfügbare Segelflugzeuge der 18 m-Klasse stellen Ableitungen früherer 15 m-Flieger dar, mit denen ich bereits vertraut bin. Nach 21 Jahren mit meiner LS 6 möchte ich gerne etwas anderes haben, und etwas wirklich neues. Deswegen habe ich, nachdem ich von der neuen Antares 18  gehört habe, einen Besuchstermin im Werk der Firma Lange Flugzeugbau GmbH für Juni 2006 ausgemacht.

Das Unternehmen

Ich hatte im Vorfeld bereits viel Gutes über die Antares 20E gehört, doch ich war wirklich beeindruckt von Fertigung und der etwa 40-köpfigen Belegschaft. Ich verspürte eine Atmosphäre von Einsatzwillen und Idealismus, die mich an Glasflügel in Hänles Zeiten erinnerte. Dieser Eindruck wurde noch verstärkt durch die Qualität der Entwicklungs- und Fertigungsmethoden, und durch die Liebe zum Detail. Axel Lange scheint ein Perfektionist zu sein, und das ist im gesamten Betrieb zu spüren. Aufgrund von verhältnismäßig geringer Betriebsgröße und Produktionsrate ist es das Ziel des Unternehmens Lange Flugzeugbau, all seinen Kunden einen Maßgeschneiderten Service anzubieten. Die Firma pflegt mit allen einen direkten Kontakt (die Mitarbeiter sprechen exzellent englisch), und das gewährleistet bestmögliches Feedback.

Das Flugzeug

Die Flugzeugkonstruktion besteht fast vollständig aus Kohlefaser, was im Vergleich zu aufwendigeren Verbundstoffmischungen verhältnismäßig einfache Reparaturen im Fall der Fälle ermöglichen sollte. Durch die Art und Weise, wie der Holm in den Flügel integriert wird, sind die Innenflügel (nur etwas größer als der Flügel eines 15 m-Fliegers) leichter als die meiner LS 6, und dass trotz dünneres Profils. Das Aufrüsten gestaltete sich einfach. Es geschieht nach demselben Rüstprinzip mit zwei Hauptbolzen wie bei der LS 6. Die Außenflügel mit den Winglets sind sehr leicht und einfach zu montieren. Die Wingtip-Räder sind nett gestaltet und machen eine robusten Eindruck. Das Höhenleitwerk ist ebenfalls sehr dünn profiliert und lässt sich äußerst leicht ohne Werkzeug anbringen. Der Rumpf ist ungewöhnlich lang und das Cockpit bietet ein Raumgefühl zwischen LS 4 und LS 6. Das realisierte Sicherheitsdesign ist sehr beeindruckend, und beinhaltet eine Fahrwerkskonstruktion, die sich unter Überbelastung definiert verformt, um die Belastungen auf den Piloten möglichst geringe zu halten. Diese Crash-Absorptionselemente können auf den Piloten angepasst werden. Ebenso verfügt das Fahrwerk über eine spezielle Hydraulik-Scheibenbremsanlage, die maximale Verzögerung zur Verfügung stellt, ohne dass das Rad auf Hartbelag zum Blockieren neigt und das Flugzeug auf die Nase gebremst wird. Ich hatte zunächst einige Zweifel wegen des elektro-hydraulischen Fahrwerk-Einzuges, aber es erschien mir logisch, als mir bewusst geworden ist, dass die meisten Flugzeuge mit Turbo-Antrieb ausgerüstet werden, und zum Verfahren des Triebwerks und der Triebwerkklappen dasselbe Hydrauliksystem verwendet wird. Darüber hinaus entfällt durch diese Lösung der Fahrwerkshebel im Cockpit, wodurch dieses ein übersichtlichen und aufgeräumten Eindruck hinterlässt.

Der Flug

Am Tag unseres Besuchs regnete es bis 14 Uhr. Danach begann die geschlossene Bewölkung aufzureißen und vereinzelt schwache Cumuli bildeten sich in 600 m über Grund bei liechtem Sonnenschein. Das Steigen betrug nie mehr als 1 m/s. Unter dem Bewusstsein, die erste Antares 18S zu fliegen, fiel mir sofort der hohe Standard auf, mit dem das Cockpit verarbeitet war. Die Sicht aus der großen Haube war einzigartig und ich fühlte mich auf Anhieb wohl, ohne mich irgendwelcher Hilfsmittel für eine gute Sitzposition zu bedienen – und das ist für mich wirklich ungewöhnlich. Die Bedienelemente waren genauso positioniert, wie ich es mag, mit Ausnahme des Ausklinkknopfes, der in der etwas ungewöhnlichen Schempp-Hirth-Manier unten im Instrumentenpilz positioniert ist. Da bevorzuge ich die LS-übliche Position an der Cockpitwand vor dem Klappenhebel. Bei 10 kt Seitenwind im Start machte sich das lenkbare ins Seitenruder integrierte Spornrad sehr nützlich, auch wenn es einen Moment der Eingewöhnung bedarf. Aber die auffälligste Eigenschaft, die sich augenblicklich zeigte, war die sehr leichtgängige Steuerung. Ich liebe reaktionsfreudige und feinfühlige Segelflugzeuge genauso wie ich eine gute Rückmeldung vom Flugzeug über meinen Flugweg benötige. Das Rollen geht sowohl schneller als auch leichter als bei meiner LS 6, das Seitenruder war mehr als ausreichend (im Kreisflug machte es den Anschein, keinen Ruderausschlag zu benötigen) und auch das Höhenruder war genauso wirkungsvoll wie leichtgängig. Obwohl das Flugzeug zu dem Zeitpunkt noch keine Kopplung zwischen Trimmung und Wölbklappenstellung hatte, waren die Bedienkräfte so gering, dass der Segler scheinbar auch ohne Trimmungsverstellung stets die der Klappenstellung korrespondierende Geschwindigkeit annimmt. Das Fahrwerk fuhr sehr schnell ein, und danach wurde es im Cockpit beinahe still, unabhängig von der Einstellung der wirkungsvollen Lüftung. Die Antares 18 schien in der sehr schwachen Thermik gut zu steigen, wobei ich mit 80 km/h oder etwas weniger gekreist habe. Der Segler ließ sich nur sehr widerstrebend stallen, und ich musste den überzogenen Flugzustand wirklich bewusst herbeiführen. Danach ließ er sich sehr schnell wieder in Normalfluglage bringen, ohne dass ein Flügel Tendenzen zum Abkippen gezeigt hätten. Ich genoss es wirklich zwei Stunden zu fliegen und stellte mir vor, wie nett die Antares 18 in den Bergen zu fliegen sein muss. Sie war leicht zu landen, und mit Hilfe des lenkbaren Sporns und der Flügelrädchen an den Wingtips konnte ich ganz gezielt und sicher von der Landebahn auf den Taxiway hinausrollen.

Leistung

Solch ein Flug kann einem unmöglich einen Vergleich zu aktuellen Leistungsstandards ermöglichen. Ich habe immer geglaubt, dass Segelflugzeuge, die nach ähnlichen Gesichtspunkten entwickelt worden sind, auch beinahe dieselbe Leistung bringen, und dass der Pilot oder die Pilotin mit seiner/ihrer Flugzeugbeherrschung den Unterschied ausmacht. Jedoch hofft ein jeder, der sich ein neues Segelflugzeug anschafft, dass das neue Flugzeug mindestens so leistungsfähig ist wie seine aktuellen Mitbewerber. Und es scheint mir, dass dies für die Antares 18S eine glaubhafte Erwartung darstellt:

  1. Die Antares 18S kann mit einer sehr großen Bandbreite an Flächenbelastung geflogen werden: mit einem Leergewicht von nur 275 kg und einer Höchstmasse von 600 kg sollte sie sowohl bei sehr schwachen als auch bei sehr starken Thermikbedingungen hervorragend fliegen
  2. Nach allem was man hört, ist die Leistung der größeren Antares 20E herausragend. Deshalb sollten der Rumpfwiderstand, der Flügel-Rumpf-Übergang, Leitwerke und Ruder, die die Antares 18S mit der Antares 20E teilt, für eine gute Leistung sorgen.
  3. Genauso sollte auch der Flügel mit seiner stetig zurückgepfeilten Nasenleiste und seinen neun Boermans-Profilen gut funktionieren (auf jedem Fall sieht es schon mal gut aus).

Ob die von Lange Flugzeugbau gerechnete Leistungspolare, die einen Leistungsvorteil der Antares 18S insbesondere bei höheren Geschwindigkeiten vermuten lässt, auch wirklich stimmt, wird die Zeit beweisen müssen.

Kosten

Auf den ersten Blick erscheint die Antares 18S ziemlich teuer. Aber der Eindruck täuscht: der Verkaufspreis beinhaltet alles außer Instrumente, Fallschirm und Anhänger. Mit dabei sind unter anderem Spornkuller, TEK-Düse und Motorkasten für Turbo-Nachrüstung. Sogar der Einbau der Instrumentierung1 sind inklusive. Auf dieser Basis ist der Preis auf sehr ähnlichem Niveau wie bei den Wettbewerbern. Ich bewundere aufrichtig Axel Lange und sein Team für ihren Mut und ihre Entschlossenheit, die Antares-Segelflugzeuge zu entwickeln. Sie verfolgen ihren Traum, aber es ist kein Weg, um reich zu werden.

Zusammenfassung

Für mich ist der Kauf eines neuen Segelflugzeuges eine emotionale Entscheidung. Nach meiner Landung in der Antares 18S habe ich mich gefragt: Willst du diesen Segler wirklich haben? Die Antwort ist: ja! 

1 Basisinstrumentierung inkl. E-Vario, wenn über Lange Flugzeugbau GmbH bezogen.